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Mittwoch, 16. April 2014

Alternative Legehennenhaltung - eine Alternative?



Nach jahrzehntelangen Kampagnen von Tierschützern sind für viele Verbraucher Hühner im Käfig zu Recht der Inbegriff für Tierquälerei. Der Kunde greift daher immer öfter guten Gewissens auf Eier aus Boden-, Bio- oder Freilandhaltung zurück. Nahezu alle Discounter haben Eier aus Käfighaltung komplett aus ihren Regalen verbannt und auf Eier aus alternativen Haltungsformen umgestellt. Wie aber die Wirklichkeit in Freiland-, Bio- oder Bodenhaltung aussieht, zeigen Filmaufnahmen aus sieben Betrieben, die unter anderem für große Discounter produzieren: Von Parasiten befallene Hühner, kranke, halbnackte und sterbende Hühner, Hühner stehen auf toten Artgenossen, verweste Kadaver liegen im Stall, Enge und Stress, Kannibalismus und ausgepickte Federkleider, mangelhafte Hygiene, die Ausläufe der Freiland- und Biohaltungen können oft nur zu einem kleinen Teil genutzt werden - oder sind tageweise völlig verschlossen.


Tierschutzkampagnen und ihre Folgen

Tierschutzkampagnen gegen Käfigeier sind seit Jahrzehnten zentraler Bestandteil der Arbeit großer und kleiner Tierschutzorganisationen. Außer Frage steht: Die Haltung von Legehennen in Käfigen ist absolute Tierquälerei. Daran hat auch die Änderung der Tierschutznutztierhaltung nichts geändert, wonach ab spätestens 2009 die kleinen Käfige mit meist 4 Hennen durch größere Käfige mit bis zu 60 Hennen ersetzt werden mussten (Platz pro Henne vorher 600 cm2; nachher 800 cm2). Durch die Kampagnen der Tierschützer nahmen fast alle Supermärkte Eier aus Käfighaltung aus den Regalen. Die Auszeichnung von „alternativen“ Eiern im Geschäft mit bunten Wimpelchen und Hinweis auf „Eier von glücklichen Hühnern“ hat Früchte getragen: der Verbraucher kauft, und zwar mit gutem Gewissen. Eier von Hühnern, die sicherlich alles andere als „glücklich“ sind. Auch bei Auszeichnung und der Verleihung von „Goldenen Eiern“ an Produzenten, die für ihre Lebensmittel keine Käfigeier mehr verwenden, dürfte sich rein menschlich betrachtet so manchem betroffenen Bodenhaltungs-Huhn tüchtig der Magen umdrehen.


„Alternativ“ = „Artgerecht“?

Diese Tierschutzkampagnen nach dem einfachen „Kein-Ei-mit-3“- Prinzip hatten zur Folge, dass der Verbraucher im Glauben an tierschutzgerechte Haltung zu den Eiern aus „alternativen Haltungsformen“ greift. Unter Boden-, Freiland- oder gar Biohaltung stellt sich der Bürger keine industrielle Haltung mit Drahtgitterböden auf mehreren Etagen, Kotförderbändern und Massentierhaltung vor, sondern glückliche Hühner auf Stroh oder gar der grünen Wiese. Leider ist die Realität, dass auch die alternativen Haltungsformen industrialisierte Massentierhaltungen sind, um die ungebremste Nachfrage zu befriedigen. Ställe mit 10.000, 20.000 oder gar noch mehr Tieren sind die Regel - auch bei Bio. Der Stallbereich ist geprägt durch technisierte Anlagen aus Stahl, in denen die Hühner leben. Die Tiere sind durch zu viele Artgenossen völlig überfordert; Federpicken, Kannibalismus und andere Verhaltensstörungen sind an der Tagesordnung. Durch das Gedränge ausgelöster Stress schwächt das Immunsystem der Tiere zusätzlich und ist damit oft Auslöser für Krankheiten und den Tod vieler Hühner. Auch Parasitenbefall ist häufig anzutreffen.


Freiland- und Biohühner ohne Freilauf

Mit dem Zugang ins Freie bei Freiland- und Biohaltung nimmt man es auch nicht so genau. Im Rahmen mehrerer Recherchen von die Tierfreunde e.V.  wurde eine Freilandhaltung und mehrere Biohaltungen dokumentiert, bei denen den Hühnern mindestens an den Wochenenden der Zugang ins Freie verwehrt wird, so dass die Tiere von Freitag bis Montag auf engsten Raum eingesperrt sind. Kontrollieren, wann die Hühner ins Freie kommen, kann niemand: der Zugang ist nicht tierschutzrechtlich geregelt, so dass daher die örtlichen Veterinäre für die Überprüfung der Einhaltung nicht zuständig sind. Die Landesanstalten oder die KAT können kaum flächendeckend kontrollieren – an Wochenenden augenscheinlich schon gar nicht. Aufgrund der Vogelgrippehysterie kann es sogar vorkommen, dass eine Aufstallpflicht besteht und die Betriebe die Eier auch ohne Freilauf für die Tiere weiter (maximal für 12 Wochen) als Freiland- oder Bio-Eier kennzeichnen dürfen.


Alibi-Freiläufe

Bei den Freiläufen fehlt fast immer der notwendige und geforderte Schutz für die Hühner. Ohne Deckung trauen sich die meisten Hühner nicht, die Ausläufe zu nutzen, so dass eine noch so große Fläche den Tieren oftmals nichts nutzt. Manche Rassen trauen sich nie in Ausläufe ohne Deckung, andere erst im erwachsenen Alter. Da die Hühner aber nur etwa ein Jahr in den verschiedenen Systemen gehalten und dann wegen nachlassender Legeleistung ausgestallt, geschlachtet und durch junge Hühner (ca. 3 Monate alt) ersetzt werden, ist für die Hühner die meiste Zeit ihres Lebens ein Auslauf ohne Deckung nutzlos.
    
Die weit verbreitete Vorstellung, dass Bio-Eier von kleinen Bauernhöfen mit ein paar glücklichen Hühnern stammen, ist Wunschdenken: solche kleinen Höfe einiger Idealisten haben auf die Herstellung von Bio-Eiern schlichtweg keinen nennenswerten Einfluss. Die unterschiedlichen Bio-Label sind in Punkto Tierhaltung kaum unterschiedlich – es gibt kein Biosiegel, welches solche Zustände verhindern könnte. Bei der Einstallung mit „frischen Hühnern“ sind die Ställe noch sauber und die Hennen sehen „gut“ aus. Einige Zeit später fangen die Hühner an, ihr Federkleid zu verlieren, und die Anlagen sind mehr und mehr verdreckt, zugekotet und staubig – die Sterberate steigt. Die Hühner sind durch die Haltungsbedingungen gestresst und psychisch gestört, neigen zu Federpicken und Kannibalismus und leiden an der Qualzucht, die sie nahezu täglich Eier legen lässt und unter anderem zu schweren, oftmals tödlichen Eileiterentzündungen führt. Am Ende der Legeperiode (etwa 12-18 Monate) sollte man die Anlagen wegen der hohen Staubbelastung ohne Mundschutz nicht mehr betreten, die Hühner atmen schwer, sind zerrupft und ausgelaugt. Die Ausläufe sind zugekotet und können oft wegen fehlender Deckung nur am Stallrand genutzt werden – am Wochenende bleiben die Hühner mitunter komplett eingesperrt.

Die Hennen werden in den verschiedenen Systemen etwa 1 Jahr gehalten. Dann lässt die Legeleistung nach und sie werden geschlachtet. Der Zustand der Hühner und der Hygienezustand im Stall sind stark vom Alter der Hennen abhängig. Die Hallen müssen nach jedem Lege-Durchgang (etwa einmal jährlich) grundgereinigt und desinfiziert werden (§14.1.3 NutzTierVO). Danach werden junge Hennen eingestallt. Ein erst kürzlich eingestallter Stall sieht daher noch recht sauber aus und die Tiere haben ein noch volles Gefieder. Das ändert sich schnell, wenn die Tiere einige Wochen oder gar Monate in der Anlage sind. Kurz vor dem Ausstallen sind sie ausgemergelt, krank, fast nackt  und die Hygienesituation im Stall ist unerträglich.


Das tägliche Sterben

Die Sterberaten in den alternativen Haltungssystemen sind, genau wie im Käfig, wesentlich. In einer Veröffentlichung vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz „Legehennenzucht und Eierzeugung – Empfehlungen für die Praxis“ aus dem Jahr 2008 werden 11,8% Mortalität in alternativen Haltungsformen (Boden- Freiland- Biohaltung) angegeben. Das bedeutet, dass in einer Halle mit 20.000 Hennen im Schnitt täglich 6-7 Hennen sterben. Dass tote Tiere zwischen den Lebendigen aufgefunden werden, ist daher „normal“ und unbestritten. Inwieweit die toten Hennen aussortiert werden ist vom jeweiligen Stallmanagement abhängig. Diese Tiere sterben nicht ohne Grund. Sie sind Krankheiten und Verletzungen zum Opfer gefallen: Eileiterentzündungen, Bauchfellentzündung, Parasitenbefall, Brustbeinverkrümmungen und Brustbeinbrüche, Folgen von Kannibalismus, Viren, Bakterien - ein leidvoller, stiller und oft langsamer Tod auch in den alternativen Haltungssystemen. Krankenstationen sind Einzelfälle, nicht vorgeschrieben und aufgrund der hohen Tierbestandszahlen nur Schein: meist leiden und sterben die Tiere inmitten ihrer Artgenossen im Legebereich.


Geschlüpft, um zu Sterben: 50 Millionen männliche Küken

Etwa 50 Millionen „neue“ Legehennen werden jährlich in Deutschland in allen Haltungssystemen eingestallt. Sie schlüpfen aus 100 Millionen, in großen „Elterntierhaltungen“ produzierten, Eiern. Aus der Hälfte dieser Eier schlüpfen männliche Küken: für die Eierproduktion naturgemäß nicht zu gebrauchen. Da diese Tiere aufgrund der Zuchtselektion auf eine hohe Legeleistung zur Mast nicht zu gebrauchen sind, da „unrentabel“, werden 50 Millionen männliche Küken in Deutschland pro Jahr unmittelbar nach dem Schlüpfen getötet – auch in der Regel die männlichen Geschwister von Bio-Legehennen. Bemühungen diese Hähne zu mästen werden zwar pressewirksam immer wieder in Szene gesetzt, in der Praxis bleiben dies aber Einzelfälle zur Imagepflege der Legehennenhalter.

Quelle: www. bio-wahrheit.de

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